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Polyolefinbasierter Precursor für die Carbonfaserherstellung

Projektleiter:               Philipp Köhler
Projektnummer:          BMWi / INNO-KOM - 49VF180021
Laufzeit:                       01.09.2018 bis 31.05.2021

Aufgabenstellung

Das Ziel bestand darin, eine neuartige polyolefinbasierte Alternative zu PAN-Präkursorfasern für die Carbonfaserherstellung zu entwickeln. Dafür sollte im ersten Schritt ein kommerziell erhältliches, thermoplastisch verarbeitbares Polyvinylalkoholpolymer verwendet und in Verbindung mit dem Schmelzspinnen und einem Stabilisierungshilfsmittel zu Fasern gesponnen werden. Danach sollte die thermische Konvertierung zu Kohlenstofffasern im Labormaßstab erfolgen und die dabei stattfindende Strukturausbildung analysiert werden.

Ergebnisse

Die Verarbeitung von thermoplastisch verarbeitbaren PVOH mit Ammoniumiodid als Stabilisierungshilfsmittel über das Schmelzspinnen zu Fasern innerhalb eines Prozessschrittes ist möglich. Die Fasern konnten, verglichen mit ihren nassgesponnenen Pendants, in gewohnter Weise verstreckt und acetalisiert werden, wodurch sich auch deren textilphysikalische und thermische Eigenschaften nachträglich beeinflussen ließen. Während des Schmelzspinnprozesses wurden Spinngeschwindigkeiten von bis zu 500 m*min-1 für das reine Polymer und in Verbindung mit Ammoniumiodid bis zu 200 m*min-1 erreicht. Durch vergleichende Untersuchungen zwischen Fasern ohne und mit Ammoniumiodid konnte gezeigt werden, dass die notwendige Dehydrierungsreaktion des Kohlenstoffgrundgerüstes mit Stabilisierungshilfsmittel kontrollierter ablief, sodass auch bei Temperaturen bis 1000 °C die Faserform erhalten blieb. Röntgenographische Untersuchungen (XRD) belegten dabei die Strukturentwicklung von einer PVOH-Faser hin zu einer Kohlenstofffaser.

Das Schmelzspinnen von thermoplastischen PVOH zu Fasern eröffnet diesem Polymer ein bisher ungenutztes Potenzial als Präkursormaterial für die Kohlenstofffaserherstellung. Zwar gab es in der Vergangenheit schon erfolgreiche Arbeiten, nassgesponnene Fasern aus PVOH über einen nachgelagerten, zeitintensiven Schritt mit Stabilisierungshilfsmitteln zu versehen und diese zu carbonisieren, jedoch konnten sich PVOH als Präkursor noch nicht weiter etablieren. Erst durch die Erhöhung der Spinngeschwindigkeiten und die Verringerung der Prozessschritte bei der Stabilisierung kann eine wirtschaftliche Produktion von Kohlenstofffasern aus alternativen Präkursormaterialien sichergestellt werden. Dies konnte durch die Bearbeitung des Projektes erfolgreich aufgezeigt und das damit eingangs beschriebene Ziel vollumfänglich erreicht werden.

Anwendung

Die Erkenntnisse aus diesem Vorlaufforschungsprojekt sind Grundlage für weitere Projekte. Global wird der Bedarf an Kohlenststofffasern steigen, obwohl im Einsatzfall nicht immer die Eigenschaften polyacrylnitrilbasierter Typen notwendig sind. Damit einher geht auch das Bestreben, diese durch ein anderes Ausgangspolymer anwendungsspezifischer auszulegen und somit kostengünstiger herzustellen. So sind polyvinylalkoholbasierte Kohlenstofffasern ihren Eigenschaften nach weniger in festigkeitsfordernden Anwendungen als Verstärkungsfasern zu sehen, sondern eher im Bereich der feuerfesten Materialien in Sitzen und Hitzeschutzkleidung oder als leitfähige Komponente bzw. zur Abschirmung von elektromagnetischer Strahlung.