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Weltpremiere in Osaka für dreifach recycelte Cellulosefaser

Das TITK dringt beim Textilrecycling in völlig neue Sphären vor. Auf der Weltausstellung in Japan präsentierte das Forschungsinstitut jetzt ein Poloshirt aus einer dreifach recycelten Cellulosefaser. Bei der verwendeten Faser handelt es sich zudem um die hauseigene Innovation Lyohemp® – die erste Lyocellfaser, die aus Hanfzellstoff gefertigt wird.

Rudolstadt/Osaka – Der geschäftsführende Direktor des TITK, Benjamin Redlingshöfer, trug das Poloshirt am 17. Juni 2025 persönlich auf der Expo in Osaka. Während der Ländertage Thüringen wurde er im Bühnenprogramm von Moderator Marco Schreyl interviewt. Dabei zeigte Redlingshöfer sichtlich stolz sein Poloshirt mit dem Aufdruck „300% Recycling“. Soll heißen: Das Shirt besteht aus einer Faser, die zum ersten Mal drei Aufbereitungsprozesse nacheinander überstanden hat. Und zwar so gut, dass sie problemlos zu einem modischen Poloshirt bester Tragequalität verarbeitet werden konnte. „Mit unserer 300%-Recycling-Faser zeigen wir, dass geschlossene textile Recyclingkreisläufe dank unserer Technologie realisierbar sind“, sagt Redlingshöfer. „Diese Innovation beweist, dass wir Recycling in der Textilindustrie auf ein völlig neues Niveau heben können.“

Sofern Textilien überhaupt recycelt werden, findet dabei oft ein so genanntes Downcycling statt. Das heißt, aus den ursprünglich hochwertigen Textilfasern werden im Rahmen des stofflichen Recyclings qualitativ weniger anspruchsvolle textile Produkte hergestellt. Das am TITK verfolgte Faser-zu-Faser-Recycling zielt indes darauf ab, aus einer hochwertigen Textilfaser eine Recycling-Faser mit einem genauso hohen Qualitätsniveau und genauso guten Nutzungseigenschaften zu erzeugen. Aber auch bei diesen Recyclingkreisläufen werden bisher oft nur 20 bis 40 Prozent Rezyklate einem größeren Anteil von Neuware („Virgin grade“) beigemischt.

„Das TITK konnte nun eindrucksvoll demonstrieren, dass nicht nur ein hundertprozentiges Recycling von Cellulosefasern möglich ist, sondern dass man diesen Prozess sogar dreimal in Folge nutzen kann, ohne bei der Faser Abstriche bei gewünschten Merkmalen wie einem angenehmen, weichen Griff, einem leichten Glanz und einer sehr guten, gleichmäßigen Anfärbbarkeit machen zu müssen“, so Redlingshöfer.

Recyclingprozess ist auch auf Baumwolle anwendbar

Das Ergebnis sei ein vollwertiges, nachhaltiges Produkt, das nun den Standard für zukünftige Recyclingprozesse in der Bekleidungsindustrie setze. Damit lasse sich der Verbrauch neuer Virgin-grade-Fasern in Zukunft drastisch reduzieren. Gelungen sei diese herausragende Innovation dank einer weiteren Anpassung des am Institut etablierten, sehr robusten Lyocellprozesses – konkret in Bezug auf die Zellstoffgewinnung und -vorbehandlung, sagt Redlingshöfer. „Dieser Recyclingkreislauf lässt sich prinzipiell auch auf Baumwollfasern als Ausgangsrohstoff anwenden.“ Das TITK lädt Industriepartner ein, gemeinsam an der Weiterentwicklung und Implementierung dieser Technologien zu arbeiten.

Unter der Flagge des am Rudolstädter Institut gegründeten und derzeit im Aufbau befindlichen Demonstration and Innovation Center for Textile Circular Economy (DICE) werden schon jetzt Entwicklungen zum ganzheitlichen Recycling von Textilien vorangetrieben. Dabei übertragen die Forscher des TITK Erkenntnisse aus dem Projekt des Lyohemp®-Recyclings nun auf so genannte Polycotton-Textilien, wobei zusätzlich eine Trennung der beiden Stoffströme aus synthetischen und cellulosischen Fasern erfolgt, um diese dann wieder in einer Materialqualität zum Faserspinnen zu vereinen (Faser-zu-Faser- bzw. Fiber-to-Fiber Recycling).

„Allerdings“, so ergänzt der Institutsleiter, „dürfen wir uns nicht allein darauf verlassen, dass technologische Lösungen uns vom verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ressourcen freisprechen.“ Aus gutem Grund stünden bei der in der Kreislaufwirtschaft häufig genannten RRR-Regel noch zwei weitere R vor dem Recycling: Reduce und Reuse – auf Deutsch: weniger verbrauchen und mehr wiederverwenden. Redlingshöfer: „Nur in Kombination mit einem bewussteren Umgang mit unseren Rohstoffen werden wir einen signifikanten Beitrag zu einer praxistauglichen Nachhaltigkeit leisten können.“

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Die innovative Recyclingfaser ist beim nun vorgestellten Poloshirt als Piqué verarbeitet worden – mit weichem Griff und leichtem Glanz. (Bildrechte: TITK / Steffen Beikirch)
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TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer (Bildmitte) wird in Osaka während der Ländertage Thüringen von Marco Schreyl interviewt. (Bildrechte: TMWLLR)
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Weltpremiere auf der Expo in Osaka: Benjamin Redlingshöfer mit dem Poloshirt vor dem Logo des Deutschen Pavillons. (Bildrechte: TMWLLR)
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TITK-Mitarbeiterin Kristin Oßwald trägt ein Poloshirt aus der dreifach recycelten Lyohemp®-Faser. (Bildrechte: TITK / Steffen Beikirch)