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Thüringen fördert weitere Investitionen am TITK

Drei Tage vor Heiligabend besuchte Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee noch einmal das Thüringische Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e.V. in Rudolstadt, um einen Förderbescheid über gut eine Million Euro zu überbringen. Das Geld stammt aus REACT-EU-Mitteln[1] und dient dem Ausbau der forschungsbezogenen Infrastruktur. Das TITK kann mit dieser Förderung eine neue Extruderlinie zur Aufbereitung von Kunststoffen und Rezyklatmaterialien sowie eine Faseranlage für thermoplastische, unidirektional verstärkte Tapes realisieren.

Rudolstadt –  „Wir bedanken uns beim Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft für die Investitionsmöglichkeiten, die wir nun dank der REACT-EU-Förderung erhalten“, freut sich TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer. Diese Unterstützung sei am Ende eines sehr anspruchsvollen Jahres, was die Projektförderung durch Bundesprogramme betrifft, besonders wertvoll. „Gleichzeitig  werten wir diese Förderung als konsequentes Bekenntnis zum TITK als Transferpartner“, so Redlingshöfer. „Und dem wollen wir gern Rechnung tragen.“

Die geförderten Projekte ordnen sich in das Spezialisierungsfeld „Nachhaltige Energie und Ressourcenverwendung“ der RIS3[2] Thüringen ein. „Die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen sind das Scharnier zwischen Forschung und marktfähiger Anwendung“, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee. „Beide Vorhaben erlauben es dem TITK, künftig weitere Forschungs- und Entwicklungsvorhaben einzuwerben und in diesem Rahmen neue, verbesserte Produkte und Verfahren für die Wirtschaft zu entwickeln.“

Im Bereich Kunststoff-Forschung kann das TITK nun eine „Mehrwellen-Extruderlinie zur Aufbereitung von Kunststoffen und Rezyklatmaterialien im Technikumsmaßstab“ installieren. Als Prozesstechnik für Multimaterialsysteme wird sie besonders dazu genutzt werden, maßgeschneiderte und hochwertige Kunststoffmischungen auf Basis von Rezyklaten und aus natürlichen und nachwachsenden Ressourcen zu erforschen und zu entwickeln.

Mit der neuen Extruderlinie soll beispielsweise die Forschung an biobasierten und bioabbaubaren Klebstoffen und Schäumen auf ein neues Level gehoben werden. „Es genügt nicht, wenn neue, nachhaltige Lösungen im Labor funktionieren. Als wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung müssen wir Unternehmen die Sicherheit bieten, dass sich innovative Produkte und Verfahren aus unserem Haus auch verlässlich in industrietaugliche Prozesse implementieren lassen“, erläutert Redlingshöfer und geht davon aus, dass das Know-how in diesem Bereich zu einer Stärkung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Kunststoffbranche, insbesondere in Thüringen, beitragen wird.

Die zweite Investition – eine „Faserbereitstellungs- und Spreizanlage für thermoplastische unidirektional verstärkte Tapes (FAST UD)“ – ergänzt die Technik des Bereichs Textil- und Werkstoff-Forschung hervorragend. Gleichzeitig komplettiert sie die gesamte Forschungswertschöpfungskette zum Thema Leichtbau, die das TITK und das Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo) sowie das Fachgebiet Kunststofftechnik der TU Ilmenau (KTI) gemeinsam etabliert haben.

Als UD-Tapes bezeichnet man Bänder, die mit gleich ausgerichteten (unidirektionalen) Endlosfasern – z.B. Glas-, Kohlenstoff- oder Aramidfasern – verstärkt sind und in eine Kunststoffmatrix eingebettet werden. Damit ergibt sich bereits bei geringer Dicke und wenig Gewicht eine hohe Stabilität an genau definierten Stellen des späteren Bauteils. Somit eignen sich UD-Tapes sehr gut für anspruchsvolle Anwendungen in Bezug auf Steifigkeit und Festigkeit. Gleichzeitig lassen sich diese thermoplastischen Verbundwerkstoffe besser recyceln als vergleichbare duroplastische Lösungen.

Am TITK sollen unter anderem UD-Tapes für faserverstärkte Druckbehälter und Rohre entwickelt werden, die in der Wasserstoffwirtschaft zum Einsatz kommen. Ein weiterer Fokus liegt traditionell auf innovativen Leichtbaulösungen für Automobilzulieferer, aber auch die Luft- und Raumfahrtbranche. Redlingshöfer: „Damit treiben wir die Ressourceneffizienz und senken material- und prozessbezogene CO2-Emissionen über den gesamten Produktlebenszyklus.“

Beide Vorhaben sollen bis Ende September 2023 verwirklicht sein.


[1]REACT EU = „Recovery Assistance for Cohesion and the Territories of Europe“ ist eine Initiative der Europäischen Kommission, mit der Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Krise weitergeführt und ausgebaut werden.

[2]RIS3 (regional innovation strategy for smart specialisation) steht für „Regionale Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung“.  RIS3 ist ein beteiligungsorientiertes Strategiekonzept zur Entwicklung von Regionen.

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Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (rechts) übergibt den Förderbescheid an TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)
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Besichtigung der Textilen Zelle der Abteilung Textil- und Werkstoff-Forschung. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)
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Erläuterung des Lyocell-Spinnverfahrens im Küttner-Technikum durch Philipp Köhler (links), stellvertretender Leiter der Abteilung Native Polymere und Chemische Forschung. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)